Ausgerechnet Gutenberg…

Heute geht es nur ganz zum Schluß ein bisschen ums Stricken. Vorher möchte ich meine ganz frischen Eindrücke vom neuen WordPress-Editor Gutenberg loswerden… Aber erst einmal zum alten Gutenberg.

Als ich schon während meiner Schulzeit durch einen Ferienjob meinen Traumberuf fand, da wusste ich gar nichts von meiner familiären Vorbelastung. Erst etwas später erfuhr ich, dass  auch mein Urgroßvater Schriftsetzer gewesen war.

Hier sieht man ihn (mit feschem Bart) hinten rechts im Bild mit seinen Kollegen an ihren Zeilengießmaschinen, die um 1900 gerade Einzug in die Druckereien gehalten hatten. Nun musste man nicht mehr jeden Buchstaben einzeln aus dem Setzkasten fischen. Ein gestandener Schriftsetzer machte das ja praktisch im Schlaf, ich habe mich während meiner Ausbildung zur Fotosetzerin damit aber ganz schön schwer getan, denn ein paar Wochen lang stand auch der Blei- und Handsatz auf dem Lehrplan. Und dort: überall Blöcke. Die Texte mussten zum Drucken zu Blöcken zusammengestellt werden, die Gießmaschinen spuckten blockweise ihre Buchstaben aus und jedes Bild und jedes Logo saß auf seinem eigenen kleinen Block. So interessant ich meine Bleisatzzeit fand, nachgetrauert habe ich ihr nie – ich liebte den Fotosatz, dessen ganze Entwicklung ich miterleben konnte. Ja, und dann kam DTP und dann das Internet…

Mit den ersten Content-Managementsystemen hatte ich nicht besonders viel Spaß, ganz anders als bei WordPress heute. Sonst wäre ich wohl sicher nicht auf die Idee gekommen, mir auch noch einen privaten Blog anzuschaffen. Und jetzt kommt ausgerechnet Gutenberg…

Nicht nur für meinen Urgroßvater war Gutenberg vermutlich der Größte, davon zeugen zum Beispiel die vielen Jubiläumspostkarten, die er  liebevoll aufgehoben hat. Aber was haben sich Herr Mullenweg (der Kopf von WordPress) und seine Kollegen nur dabei gedacht, über 600 Jahre nach Erfindung des Buchdrucks nun wieder in Blöcken zu denken und dann auch noch unter seinem Namen eine “Pagebuilder-Revolution” auszurufen?

Meine Seite hier habe ich wohlweislich noch nicht auf WordPress 5 umgestellt, aber im Job baue ich gerade eine neue Webseite mit Gutenberg auf und mein erster Eindruck ist: vor allem die Blöcke nerven. Keine Frage, es gibt sinnvolle Features – zum Beispiel die rund um Bilder, aber wenn es an den Text geht, da hört der Spaß auf: Blöcke, Blöcke, Blöcke. Direkt in WordPress zu schreiben, das mag ja noch ganz komfortabel sein, wenn man aber fertige Texte aus anderen Quellen einfügen will, wird es aufwändig und kleinteilig und erfordert viel mehr Klickerei als früher, wird doch jetzt selbst jede kleine Zwischenüberschrift zu einem eigenen Block (der Bleisatz lässt grüßen).

Schwer nachvollziehbar finde ich zum Beispiel auch die Idee hinter Headlines oder  Spaltensatz – nichts Halbes und nichts Ganzes – und genau das ist auch meinem gesamter erster Eindruck nach zwei Wochen mit Gutenberg: da hat jemand ganz viel gewollt und sich dann in viel zu vielen Einzelheiten verzettelt. Ich finde es absolut okay, mit Gutenberg zu arbeiten, ich kann mir aber gut vorstellen, dass vor allem nicht direkt beruflich vorbelastete Anwender (und das sind ja die meisten WordPress-Nutzer) an den vielen Möglichkeiten verzweifeln können. Und schöner und übersichtlicher werden Blogs durch viele verschiedene Spalten und wild zusammen gewürfelte Elemente vermutlich rein optisch auch nicht unbedingt.

Aber früher oder später haben sich dann doch alle an den neuen Editor mit dem großen Namen gewöhnt. Von mir aus hätte es jedenfalls auch gereicht, ihn zum Beispiel etwas bescheidener einfach nur “Johannes” zu nennen. Und was wohl der alte Gutenberg dazu gesagt hätte?!

Das hier ist natürlich mein ganz subjektiver erster Eindruck als Anwenderin und hat rein gar nichts mit der “technischen” Idee und der großartigen Leistung der zahllosen Programmierer und Entwickler zu tun.

Ganz zum Schluß zeige ich aber auch noch kurz meine beiden aktuellen Projekte. Dass ich zwei Sachen gleichzeitig auf den Nadeln habe, das ist für mich sehr unüblich. Aber das ist auch eine lange Geschichte. Nur so viel: das sind der Pullover Ella und das Tuch “Frosted Leaves” – inzwischen (zum Glück) im Endspurt. Ich werde berichten…

Und berichten werde ich auch, wenn es bei Gutenberg und mir etwas Neues gibt – vielleicht will ich ihn ja bald gar nicht mehr missen?!

Weil dieser Beitrag seit langem mal wieder passt, schaue ich damit gleich mal wieder aktiv beim Samstagsplausch vorbei. Habt Ihr Gutenberg schon ausprobiert? Wie ist denn Euer Eindruck?

8 Kommentare zu „Ausgerechnet Gutenberg…“

  1. WordPress.Gutenberg? Habe bis heute noch nichts davon gehört. Wäre es dann soweit, wenn ich auf das Feld “Probier den neuen Editor und erfahre mehr” klicken würde? Ich probiere nicht gerne Neues aus …., wenn das Alte gut funktioniert. 😉 Danke für deine Ausführungen. Ein grossartiges Zeitdokument hast du von deiem Urgrossvater. Liebe Grüsse von Regula

    1. Ja, dieser neue Editor ist Gutenberg. Und man hat ihn dann auch mit WordPress 5 am Hals. Aber Yvonne meint ja, man kann ihn auch wieder ausstellen…
      Liebe Grüße von Gabi

  2. Ich habe den Gutenberg von Anfang an gleich installiert und was anfangs etwas verwirrend war hat sich in der Zwischenzeit längst erledigt. Alles sehr übersichtlich und bedienerfreundlich. Einzig wie du schreibst ist es nicht ganz einfach innerhalb eines Textbloks Korrekturen zu machen.
    L G Pia

  3. Guten Abend,
    ich habe Gutenberg bei mir deaktiviert und mir wieder den Classic Editor aktiviert. Ich komme mit dem neuen Gutenberg überhaupt nicht klar. Jeder Beitrag dauerte gefühlt Stunden, bis ich ihn fertig hatte. Nun ist alles wieder beim Alten und ich fühle mich wieder wohl mit meinem Blog.
    Ich wünsche dir viel Spaß dabei, dich in Gutenberg einzufuchsen. Vieleicht wird er ja auch noch weiterentwickelt, so dass er irgendwann wirklich besser funktioniert, als der alte Editor.
    Hab ein schönes Wochenende
    LG
    Yvonne

  4. Nun, den neuen Editor Gutenberg kenne ich zwar noch nicht… allerdings via QuarkXPress, Pagemaker oder InDesign die immer noch aktuell gängigen Satztechniken für den professionellen Druck.

    Und der oben von Eva ? erwähnte Schweizer Degen ist neben dem Schusterjungen, dem Hurenkind und anderen Spezialitäten bestens bekannt.

    Ich wünsche Dir ein wunderschönes Wochenende und sende herzliche Grüßle, Heidrun

    1. Ja, die Spezialitäten… die Bleiläuse sind ja leider ausgestorben 😉
      Pagemaker habe ich gehasst – da ist ja Gutenberg besser.
      Liebe Grüße an die Kollegin und Dir auch ein schönes Wochenende!!

  5. Jetzt mußte ich lachen, ich habe auch meine Probleme mit Word Press, schlichtweg gesagt, ich bin zu doof dazu.
    ABer ich suche eine Alternative und einen, der mir das einrichtet. Mein Sohn könnte, aber der hat keine Zeit und will auch nicht ständig Administrationsdienste verrichten und die anderen können nicht oder aber haben keine Lust.

    Jaaa, da hast du also auch einen Schriftsetzer in der Verwandschaft. Klasse, ein Onkel von mir war einSchweizerdegen.
    Hört sich komisch an, aber das ist ein damals gängiger Beruf gewesen und nicht Jeder war ein Schweizerdegen.

    Hat aber nichts mit Kampftechnik zu tun.

    Wenn du gucken möchtest, hier:
    Ein Schweizerdegen ist ein Schriftsetzer, der auch gleichzeitig Buchdrucker ist.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerdegen

    1. So so,nein Schweizerdegen – na dann: “Gott grüß die Kunst”! 😉 Und ich drücke die Daumen, dass Du eine Alternative zu WordPress findest – oder noch besser, jemanden der Dir da hilft, denn eigentlich ist WordPress echt super und gar nicht schwer zu verstehen, wenn man es einmal gut erklärt bekommt (bis auf Gutenberg vielleicht).
      LG von Gabi

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